Transgender-Personen medizinisch richtig betreuen
Der Begriff transgender oder auch trans* beschreibt Menschen, deren Geschlecht nicht mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Dies wird im medizinischen Kontext auch als Geschlechtsinkongruenz bezeichnet. Dr. Philip Klumpen, Facharzt für Urologie und Leiter der Spezialambulanz Transgender-Chirurgie an der Klinik Favoriten, hilft Menschen auf dem Weg der Transition. Das Gesundheitssystem ist jedoch noch immer traditionell geprägt. Häufig fühlen sich Mitarbeiter*innen mit der Behandlung von trans* Personen überfordert. Hier unterstützt Philip Klumpen Kolleg*innen beim sensiblen Umgang mit Transgender-Personen.
Seit 1998 werden im Wiener Gesundheitsverbund geschlechtsangleichende Operationen durchgeführt. Mit mehr als 25 Jahren Erfahrung und nach über 400 genitalangleichenden Operationen haben die WIGEV-Spezialist*innen reichlich Wissen im Bereich der Transgender-Medizin gesammelt. Wir haben uns im Gespräch mit Philip Klumpen, Leiter der Spezialambulanz Transgender-Chirurgie in der Klinik Favoriten, ein Bild gemacht: Über die Diagnose, den Weg zur Operation und wie wir im Wiener Gesundheitsverbund Transgender-Personen in dieser wichtigen Phase ihres Lebens unterstützen können.
Stigmatisierung von Transgender-Patient*innen
Leider wird Transidentität in den Studienplänen medizinischer Universitäten bisher kaum behandelt und es herrschen diesbezüglich große Wissenslücken bei Ärzt*innen. Das spiegelt sich auch in negativen Erfahrungen wider, die trans* und nicht-binäre Menschen immer wieder im Gesundheitssystem machen müssen. Sie meiden daher häufig gesundheitsdienstleistende Institutionen, was oft zu verspäteten Diagnosestellungen und Interventionen sowie letztendlich zu schlechteren Gesundheits-Outcomes führt.1
Das Erlernen eines sensiblen Umgangs mit vulnerablen Personengruppen, wie zum Beispiel transidenten Menschen, wäre daher schon während des Studiums enorm wichtig. Deshalb hat Dr. Klumpen in der Zusammenarbeit mit einigen Kolleg*innen ein Aufklärungsprogramm zum Thema „Umgang mit Transgender-Personen“ im Wiener Gesundheitsverbund gestartet. Bereits in den kommenden Wochen können Kolleg*innen in der Klinik Favoriten das Angebot annehmen und sich ausführlich informieren.
Dr. Philip Klumpen, Facharzt für Urologie an der Klinik Favoriten rät seinen Patient*innen und allen Betroffenen, sich schon früh zu vernetzen und mit vertrauten Personen auszutauschen: „Die Community ist sehr unterstützend und bestens informiert. Das kann sehr „empowered“ sein. Auch gibt es eine Vielzahl an Beratungsangeboten von Vereinen wie transX oder Venib. Und nicht zu vergessen: Die Sprechstunde in der Klinik Favoriten oder die Transgender-Ambulanz im AKH. Meine Kolleg*innen und ich unterstützen gerne in dem Prozess.“
Der Prozess der Transition
Entsteht durch die Geschlechtsinkongruenz ein Leidensdruck, streben viele trans* Personen den Prozess der Transition an. Dieser kann verschiedene körperliche, juristische oder soziale Änderungen umfassen, um die eigene Geschlechtsidentität auszudrücken. Dazu zählen zum Beispiel die Namens- und Personenstandsänderungen, aber auch medizinische geschlechtsanpassende Maßnahmen. Für letztere können sich transidente Menschen im ersten Schritt zum Beispiel an Hausärzt*innen, Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen oder auch Gynäkolog*innen wenden. Vor Durchführung medizinischer Maßnahmen ist in Österreich eine Diagnosestellung mit mehreren psychologischen Gutachten notwendig.
Eine Hormontherapie kann im AKH Wien sowohl von der Transgender-Ambulanz der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie als auch von der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel initiiert und betreut werden. Wenn die hormonelle Therapie gestartet und zusätzlich ein Jahr in der angestrebten Geschlechterrolle gelebt wurde, können sich Transgender-Personen für eine genitalchirurgische Operation anmelden. In zwei Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes werden die geschlechtsangleichende Operationen durchgeführt – im AKH Wien und in der Klinik Favoriten.
1 Markovic, Lovro, et al. „Experiences and interactions with the healthcare system in transgender and non-binary patients in Austria: an exploratory cross-sectional study.“ International journal of environmental research and public health 18.13 (2021): 6895.